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Tradition: Psychosomatische Urologie

Wenn wir uns kurz vergegenwärtigen, dass sich die Urologie mit dem Uro-Genital-Trakt befasst, liegt der Gedanke an Sex, Lust, Scham und damit auch Psychosomatik sehr nahe. Betrachtet man aber die Realität urologischer Praxis in Deutschland, so ist der Gedanke für Frauen wie Männer oft seltsam abwegig. Dabei war sogar Oswald Schwarz (1), der Autor des ersten deutschsprachigen Leitfadens zur Psychosomatik, ein Urologe…

Diese Diskrepanz versucht Ernst-Albrecht Günthert schon seit seinen Studienjahren in den USA zu überbrücken, damit die psychischen Hintergründe vieler Beschwerden im Urogenitalbereich nicht mehr so oft übersehen werden.

Der Urogenitalbereich in dem die Urogenitalorgane mit ihren drei Funktionsebenen Produktion, Reproduktion und Lust angesiedelt sind, ist in hohem Maße anfällig für psychosomatisches Geschehen.
Der Anerkennung und Umsetzung dieser Tatsache steht die vornehmlich manuelle, apparativ-instrumentelle Ausrichtung der Urologie im Wege. Umso mehr ist es die Aufgabe des aufmerksamen Arztes, den psychosomatischen Aspekten betroffener Patienten gerecht zu werden.
Da die psychosomatische Urologie zeitaufwändig ist, begegnet man häufig dem Argument, dass dafür in der Urologie kein Raum sei. Diese Einschätzung ist jedoch mit der Erfahrung zu widerlegen, dass viele unnötige, oft sinnlos wiederholte Untersuchungen und Eingriffe zu vermeiden wären, wenn man dem Patienten als ganzheitlichem bio-psycho-sozialem Individuum mehr Zeit und seinen Beschwerden differenziertere Aufmerksamkeit widmen würde.
E.-A. Günthert, Psychosomatische Urologie p.6.

Dabei möchte das Buch auch den nicht speziell psychotherapeutisch ausgebildetetn Urologen unterstützen, u.a. mit einer sehr knappen, wie praktischen Einführung in die Grundsätze der Psychosomatik. Beispielhaft ist die anschauliche Darstellung an praktischen Fallbeispielen, Kurzfassungen am Ende der jeweiligen Kapitel erlauben ein schnelles Nachschlagen.

Psychosomatische Urologie: Leitfaden für die Praxis
Schriftenreihe der Thure von Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin
Von Ernst A Günthert
Preis: € 29,99

Wenn wir nur an die unklare Diagnose der Prostatitis denken oder die Hartnäckigkeit einer Reizblasensymptomatik oder die Feinfühligkeit mit der manche sexuelle Funktionsstörung angesprochen werden sollte,  wird der Bedarf an einem solchen Werk verständlich. Sehr erfreulich ist es, dass die erste Ausgabe des Buchs auch zahlreiche interessierte Leser unter der Patientenschaft gefunden hat. Dies bestätigt die einprägsame Art, mit der der Autor sein umfassendes Wissen vermittelt.

So ist das Buch auch Andrologen, Gynäkologen, Allgemeinmedizinern und Psychotherapeuten unbedingt zu empfehlen, zumal in der vollständig überarbeiteten 2. Auflage insbesondere die Kapitel zum Urogenitalsyndrom der Frau wie auch zu den Beckenbeschwerden des Mannes umfangreich erweitert wurden.

Dr. med. Ernst-Albrecht Günthert, Facharzt für Urologie, psychosomatische Medizin und Psychotherapie, praktiziert in München. Seine ersten Erfahrungen mit einem patientenzentrierten Vorgehen, einem wesentlichen Bestandteil psychosomatischen Denkens und Handelns, machte er während seiner Ausbildung zum Urologen im Hospital of the University of Pennsylvania in Philadelphia.

Sehr interessant ist eine kurze biografische Notiz des Autors, in der er sich mit dem amerikanischen Gesundheitswesen und der Medizinerausbildung auseiandersetzt.

  1. Oswald Schwarz kam am 31. 10. 1883 in Brünn (Brno, Tschechien) zur Welt. Gestorben ist er in London, wohin er sich vor der NS-Judenverfolgung retten konnte, am 14. 10. 1949.
    Er studierte in Wien und Straßburg. Nachdem er Patienten mit sexuellen Störungen behandelt hatte, wandte er sich zunehmend der Individualpsychologie zu und studierte bei den Freud Schülern Adler und Schilder. Sein 1949 in London publiziertes „The Psychology of Sex“ erlebte noch mehrere Auflagen.
    Er wurde neben Felix Deutsch zu einem der Wegbereiter der Psychosomatik in Wien. Zunehmend interessierte ihn die Sexualpathologie. Er beeinflusste u. a. Viktor Frankl, der Schwarz neben Richard Allers als seine einzigen Lehrer der Psychotherapie bezeichnete. Nach seinem Tod knüpfte Hans Giese an das existenzphilosophische Verständnis, mit dem Schwarz sich dem Thema der Perversion zugewandt hatte, an und konnte so u. a. zur Reformierung des §175 beitragen.

Psychosomatische Urologie: Leitfaden für die Praxis
Schriftenreihe der Thure von Uexküll-Akademie für Integrierte Medizin
Von Ernst A Günthert
Preis: € 29,99

 

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